kreuzzeichen

Eigentlich müßte unsere Frage lauten: Was machen die Leute da, wenn sie in die Kirche kommen?“. Das Kreuzzeichen ist für uns so selbstverständlich geworden, daß es sich lohnt, über Geschichte und Bedeutung dieser Geste nachzudenken.

In der Firmung gilt das mit Chrisam auf die Stirn gezeichnete Kreuz als „Siegel“ , nach dem antiken Brauch, an Dingen, Tieren aber auch an Sklaven ein Besitzzeichen anzubringen. Das Kreuzzeichen sagt also „Ich gehöre (zu) Christus.“ , ich bin Christ. Es ist also ein kompaktes Glaubensbekenntnis.

Dazu paßt auch eine weitere Deutung, nämlich, daß in der griechischen Schrift das Wort Christus (Christos = CRISTOS) mit dem kreuzförmigen „X“, dem „Chi“ beginnt. Außerdem erinnert das Zeichen an den ebenfalls kreuzförmigen hebräischen Buchstaben „Taw“, der als Zeichen der Geretteten und Erlösten in der Bibel zweimal vorkommt. Vielleicht kennen Sie dieses Zeichen von den Franziskanern, denn der denn der Hl. Franziskus hat es häufig.

Schon bei der Taufe wird ein Christ zum ersten Mal mit dem Chrisam bekreuzigt. Wenn wir dieses Kreuz regelmäßig (noch dazu mit Weih- / Taufwasser) nachzeichnen, erinnern wir uns an unsere Taufe auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Hl. Geistes.

Der Brauch, sich zu bekreuzigen, geht schon in altchristliche Zeit zurück. Erste Belege gibt es im zweiten Jahrhundert. Damals machte man das Kreuzzeichen nur mit Zeigefinger oder Daumen zunächst auf die Stirn, später über das ganze Gesicht. Sieben Jahrhunderte lang machen Christen das Kreuzzeichen so, mit nur einem Finger, was den Glauben an den einen Gott ausdrücken sollte.

Im 8. Jahrhundert kommt der Brauch auf, sich mit zwei Fingern (Zeigefinger und Mittelfinger) auf Stirn und Brust zu bekreuzigen. Das war ein Bekenntnis zu Christus, der „wahrer Mensch und wahrer Gott“ in einer Person war. Gleichzeitig war es ein Protest gegen Irrlehrer, die seine Göttlichkeit überbetonten und nicht glauben wollten, daß er auch als wahrer Mensch auf Erden gelebt hat. Zur gleichen Zeit entwickelte sich in anderen Gegenden der Brauch, das Kreuzzeichen mit drei Fingern - Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger - zu machen. Zusammen mit den Worten aus der Hl. Schrift: „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ wird das Kreuzzeichen zur Zusammenfassung, zur Kurzformel des christlichen Glaubens. Die orthodoxen Christen bekreuzigen sich bis heute auf diese Weise, wobei die drei Finger für die Dreifaltigkeit stehen und die beiden abgeknickten Finger für die göttliche und menschliche Natur Christi.

Erst später wird es in der westlichen Kirche üblich, das Kreuzzeichen mit der ganzen Hand zu machen, also mit fünf ausgestreckten Fingern, die an die fünf Wundmale des Erlösers erinnern. Es wird zuerst die linke Schulter und dann die rechte berührt.

Im Segnungsbuch der Kirche, dem Benediktionale lesen wir: „Das Kreuz des Herrn ist Höhepunkt allen Lobpreises, die Quelle allen Segens und die Ursache aller Gnade". Daher ist das Kreuzzeichen die christliche Segensgeste überhaupt. Manche Eltern zeichnen ihren Kindern regelmäßig ein Kreuzzeichen auf die Stirn, z.B. wenn diese schlafen gehen oder das Haus verlassen.

Neben dem großen Kreuzzeichen gibt es auch das kleine Kreuzzeichen, das wir beim Evangelium machen. Man zeichnet jeweils ein kleines Kreuz (meist mit dem Daumen) auf Stirn, Mund und Brust (Herz). Das bedeutet, daß wir bereit sind, die Frohe Botschaft mit dem Verstand zu erfassen, das Gehörte auch weiterzusagen und daß wir nicht nur mit dem Verstand glauben, sondern auch mit unserem Herzen, ja daß wir das Evangelium (wie Maria) im Herzen bewahren wollen.

Die Art des Sichbekreuzigens hat sich im Lauf der Jahrhunderte immer wieder gewandelt, sein Sinn als Bekenntnis zu Jesus Christus ist gleich geblieben. Bis heute aktuell sind die Worte des Bischofs Kyrill von Jerusalem (+ 387) „Schäme dich nicht, den Gekreuzigten zu bekennen, zeichne mutig mit Fingern das Kreuzzeichen!" Paulus schreibt: „Wir verkünden Christus als den Gekreuzigten...“, um gleich darauf zu beklagen, wie schwer das fällt, und daß man von Griechen, Juden und vielen anderen dafür verspottet wird. Daß das „zum Glauben stehen“ nicht immer leicht ist, hat er selbst erfahren müssen. Solche Erfahrungen sind wohl auch der Grund, daß das Kreuzzeichen in der Öffentlichkeit sehr selten zu sehen ist, beispielsweise beim Essen in einem Restaurant. Manchmal fällt uns im Fernsehen auf, daß sich ein Sportler bekreuzigt, bevor er in einen Wettkampf geht. Meist sind das Menschen aus südlichen oder östlichen Ländern, wo der Glaube noch selbstverständlicher zum Alltag gehört.

Das Wort des Bischofs Johannes Chrysostomus (+ 407): „Man soll das Kreuzzeichen nicht nur mit den Fingern machen, sondern es ist nötig, dabei die richtige Einstellung des Herzens und vollen Glauben zu haben.“, weist darauf hin , daß es auf die innere Einstellung ankommt, wenn man dieses Zeichen macht, daß man es bewußt tut, in Erinnerung an die Taufe und als Bekenntnis des Glaubens. Zeitweise bekam das Sichbekreuzigen eher magische Funktionen. Für Martin Luther gehörte die Kreuz-Gebärde zum Morgen- und Abendgebet noch selbstverständlich dazu. In den evangelischen Kirchen ist es bis heute selten geblieben, weil es als katholisches Erkennungszeichen gilt.

Orthodoxe Christen dagegen bekreuzigen sich während der Messe und während des Gebetes sehr häufig, nicht nur zu Beginn und zum Abschluß.