Der 9. November ist ein besonderes Datum im Kalender der Deutschen. Am 9. November 1918 ging das deutsche
Kaisserreich seinem Ende entgegen, 1923 versuchte Adolf Hitler seinen ersten Angriff auf den jungen deutschen Staat. Der 9. November 1938 ist der Tag der furchtbaren, „Kristallnacht“ benannten,
unmenschlichen Angriffe auf die jüdischen Bürger in Deutschland. An eben diesem Tag des Jahres 1989 fiel die „Berliner Mauer“, der Anfang von Ende des Kommunismus.
Kirchlicherseits ist dieser Tag seit dem 12. Jahrhundert der „Weihetag der Lateranbasilika“
, sogar ein kirchliches Fest. Aber, so kann man fragen: „Was geht uns die Weihe einer Kirche an, die sich vor Jahrhunderten irgendwo und schon gar nicht hier bei uns ereignete?“ Die
Lateranbasilika ist die älteste Papstkirche. Von ihrem Rang her übertrifft sie alle anderen Kirchen, denn sie ist die eigentliche Bischofskirche des Papstes, die Kathedrale der Erzdiözese Rom.
In unserer Wahrnehmung und in der der ganzen Welt ist das zwar eher der Petersdom,
das stimmt allerdings nicht. Kaiser Konstantin schenkte den Lateranpalast der römischen Kirche und ließ die um 324 eingeweihte Basilika des Heiligen Erlösers erbauen. Sie ist auch
Johannes dem Täufer und dem Apostel Johannes geweiht. Genauer betrachtet, war die Entstehung dieser Kirche ein wesentlicher Schritt in der
Geschichte der Kirche, die immer mehr zu einer Weltkirche wurde. Der Bau dieser Basilika bedeutete mehr als
das Bauwerk selbst, daher trägt sie den Beinamen „Mutter und Haupt aller Kirchen des Erdkreises.“
Wenn wir in die Geschichte des frühen Christentums sehen, dann stellen wir fest, dass die Eucharistie zuvor -
im Andenken an Jesus - nicht in Kirchen, sondern in Häusern gefeiert wurde. Der Bau dieser großen, repräsentativen Kirche markiert daher eine Wende. Sie soll über Jahrhunderte wichtiger Schauplatz der
Kirchengeschichte und zahlreicher Konzilien werden. Mit Ihrem Bau verlagert sich das Zentrum der Kirche endgültig nach Rom.
Die Lateranbasilika wurde im Lauf der Jahrhunderte durch Brand, Erdbeben und Plünderungen wiederholt
beschädigt, doch immer wieder restauriert. Die Kirche ist mehr als ein Haus aus Steinen! Sie ist lebendige Gemeinschaft des Glaubens und der Liebe.
Als Jesus dem heiligen Franz von Assisi im verfallenen Kirchlein von San Damiano vom Kreuz herab den Auftrag
gab: „Baue meine Kirche wieder auf!“, da verstand der das ganz buchstäblich: Er restaurierte mit viel Liebe
dieses Kirchlein. Später erkannte er, daß er zusammen mit anderen Menschen berufen war, die Kirche seiner
Zeit im inneren zu erneuern und neu zu beleben. Es ging darum, die in Reichtum und „Stein“ erstarrte Kirche
wieder lebendig zu machen, zu einer Kirche, die durch überzeugte und überzeugende Christen lebt und ausstrahlt und einen Dienst am Nächsten tut.
„Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts“, ein inzwischen „geflügelter Satz“ des französischen Bischofs
Jaques Gaillot. So mag uns das „ferne“ Fest ermuntern auch unsererseits am Haus der Kirche aus „lebendigen Steinen“ mitzubauen.
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