Auch als treuem Gottesdienstbesucher wäre ihnen kein Vorwurf zu machen, wenn Sie Gregor von Nazianz und Johannes
Chrysostomus nicht kennen. Obwohl sich diese klangvollen Namen wahrscheinlich doch einprägen - und waren die nicht kürzlich sogar in den Nachrichten?
Genau! Gregor und Johannes haben es bis in die Nachrichten gebracht, weil Papst Johannes Paul II. ihre Gebeine dem
ökumenischen Patriarchen der orthodoxen Kirche; Bartholomaios I. übergeben ließ. Diese - eher am Rande erwähnte Übergabe - verweist auf einen der finstersten Momente der Kirchengeschichte. Sie wurden
nämlich während der Plünderung der von den Kreuzrittern im Verlauf des vierten Kreuzzuges eroberten Stadt Konstantinopel (heute Istanbul) geraubt und nach Rom gebracht, wo sie seitdem verehrt wurden. 
Die Tatsache, daß das christliche, wenn auch orthodoxe Konstantinopel 1204 von den
ebenfalls christlichen (katholischen) Kreuzfahrern geplündert und zerstört wurde, vertiefte den Riß zwischen den beiden Kirchen zu einem fast unüberwindlichen Graben. Erst in jüngster Zeit bemühen sich
die Kirchen diesen Graben wieder zu füllen und sich die Hände zur Versöhnung zu reichen. Dieses Ereignis der Kirchengeschichte hatte Folgen, die bis heute reichen, auch wenn es genau 800
Jahre zurück liegt. Daher kann die symbolische Geste der Rückgabe der Reliquien (der in der orthodoxen wie in der kath. Kirche als bedeutende Kirchenlehrer verehrten Heiligen) nicht hoch genug
bewertet werden.
Gregor war ein reicher, gebildeter Adliger,
geboren in Kappadokien. Er studierte in Cäsarea und in Athen. Durch seinen Vater wurde er 360 getauft und
zum Priester geweiht. Ab 379 leitete Gregor die Gemeinde in Konstantinopel - dem heutigen Istanbul. Aus
dieser Zeit stammen seine Schriften über die Dreieinigkeit, welche seinen theologischen Ruf begründeten. Nach dem zweiten Allgemeinen Konzil wurde Gregor 381 von Kaiser Theodosius zum Erzbischof von
Konstantinopel erhoben, damit er die Kirche wieder ordne. Da ihm jedoch seine Feinde keine Ruhe ließen
dankte er 383 mit einer ergreifenden Predigt ab. Er zog sich dann endgültig auf sein Landgut zurück und befasste sich mit den theologischen Fragen seiner Zeit. Er starb im Jahre 390.
Auch Johannes wurde in einer wohlhabenden Familie geboren und studierte. 372 wurde er getauft, lebte
einige Jahre (wie Gregor) als Mönch und wurde Priester. Sein Beiname bedeutet Goldmund und weist auf seine
Fähigkeiten als Prediger hin. Im Jahr 398 wurde er als Patriarch von Konstantinopel einer der Nachfolger
Gregors. Seine Kritik am Luxusleben der Reichen in der Stadt, am kaiserlichen Hof und auch in der Kirche
brachten ihm zahlreiche Konflikte ein und kosteten ihn den Bischofssitz. Er starb in der Verbannung beim Versuch, die Perser zum Christentum zu bekehren.
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