die fastenzeit - II

So wie man den Beginn der Fastenzeit in den Supermärkten - am Verkauf von Osterartikeln - unschwer erkennen kann, häufen sich in den Regalen der Buchhänder jetzt die aktuellsten Fasten-Ratgeber. Das Fasten um der Pfunde, der Gesundheit oder der Schönheit willen, ist aber mit dem christlichen Fasten überhaupt nicht gemeint.

Jesus selbst hielt - nach Auskunft der Evangelien - nicht viel vom Fasten, denn er übt heftige Kritik an der jüdischen Fastenpraxis, die ihm mehr Schein als Sein war.

Bereits das Konzil von Nicäa (325) kannte aber eine vierzigtägige Vorbereitungszeit auf das Fest der Auferweckung Jesu von den Toten und bezog sich damit auf Jesu Vorbild, der nach der Taufe im Jordan 40 Tage auf Nahrung verzichtete, wie die Evangelisten Matthäus und Lukas berichten. Die Gläubigen verzichteten daher in der alten Kirche auf Fleischspeisen und Wein, später auch auf Milch, Butter, Käse und Eier und begnügten sich mit einer Mahlzeit am Abend. Nach alter Sitte wurde allerdings der Sonntag als Fasttag ausgenommen, den man nun mal als Festtag beging und an dem man folglich auch nicht fastete.

Heute sind noch Aschermittwoch und Karfreitag so genannte strenge Fasttage , an denen die Katholiken sich nur einmal am Tag satt essen und auf Fleisch und Alkohol verzichten sollen.

Fasten aus christlichem Antrieb soll unsere Sinne für neue religiöse Erfahrungen öffnen. Wer fastet, der verzichtet freiwillig: im engeren Sinne auf Nahrung, im weiteren Sinne auf zeitraubende Vergnügungen und auf die Erfüllung von Konsumwünschen. Durch den Verzicht werden Zeit und (finanzielle) Mittel frei für die Auseinandersetzung mit der eigenen Person, für die Begegnung mit Menschen und die Solidarität mit den Armen, für das Gebet zu Gott und die Meditation. Vielleicht spürt man dabei, wie abhängig man von bestimmten Dingen ist, wie sehr man im Leben darauf angewiesen ist und gar nicht mehr ohne könnte. Verzichten Sie mal auf liebgewordene Gewohnheiten; auf die Radiosendung am Morgen oder die Tagesschau am Abend. Wer derart sein Leben unter die Lupe nimmt, findet manchmal zu neuen, überraschenden Einsichten. So macht auch der Verzicht auf liebgewordene Süßigkeiten oder die abendliche Bierflasche einen Sinn.

Christliches Fasten ist kein Selbstzweck, sondern eine geistliche Übung, ein Verzicht, der die Sinne frei macht für neue religiöse Erfahrungen. (Wobei nichts gegen Fasten zum Abnehmen oder zum Entschlacken gesagt werden soll, im Gegenteil, es ist sehr gesund.) Enthaltsamkeit soll Herz und Seele für den Dienst in Gottes Schöpfung, in unserer Lebenswelt freier, lebendiger und williger machen. Nach dem Hl. Augustinus lebt der Mensch gewöhnlich "secundam carnem” (gemäß dem Fleisch); das Fasten aber gestattet ihm "secundam spiritum” (ausgerichtet nach dem Geist Gottes) zu leben.